Engagement für die Homophilie

Die Initiative zur Neugründung des Wissenschaftlich-humanitären-Komitee (WhK) geht im Herbst 1949 von dem Frankfurter Arzt Hans Giese (1920–1970) aus. Er knüpft Kontakte zu Berliner Kreisen, die sich um den späteren Arzt und Psychoanalytiker Werner Becker (1927–1980) gebildet haben. Giese wollte an die Tradition Magnus Hirschfelds und dessen WhK zur Entkriminalisierung der männlichen Homosexualität anschließen.

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Beisitzerin im WhK

Im November 1949 kommt Giese für ein paar Tage nach (West-) Berlin, um die Aktivisten um Werner Becker persönlich kennen zu lernen und in seine Bestrebungen einzubinden. Er besucht bei dieser Gelegenheit auch Eva Siewert an ihrem Krankenlager und gewinnt sie als Vorstandsmitglied im neu gegründeten WhK („Gruppe Gross-Berlin“). Offiziell fungiert sie – zumindest vorübergehend – als Beisitzerin des geplanten Vereins.

Neugründung als Verein

Die Berliner Abteilung des Nachkriegs-WhK dürfte um 1950 etwa 50 Mitglieder gehabt haben. Der Antrag auf Anerkennung als eingetragener Verein wird am 16. November 1949 über das Bezirksamt Zehlendorf beim Berliner Magistrat eingereicht. Doch er wird abgelehnt.

Erst die Nachfolgeorganisation der Berliner WhK-Gruppe, die „Gesellschaft für Reform des Sexualrechts e.V.“ ist erfolgreich. Sie wird am 9. Juni 1951 ins Berliner Vereinsregister eingetragen. Damit verfügen homosexuelle Männer – und theoretisch auch Frauen – im Berlin der Nachkriegszeit zum ersten Mal wieder über einen offiziell anerkannten Verein, in dem sie sich zum Austausch über kulturelle, rechtliche, soziale und politische Fragen treffen können.

Verschiebung des Engagements

Eva Siewert verfolgt die Geschicke der Gesellschaft für Reform des Sexualrechts e.V. aber offenbar nicht mehr mit. Sie überwirft sich schnell mit Hans Giese und den anderen Männern im WhK und geht andere Wege, die heute allerdings weitgehend im Dunkeln liegen. Allenfalls ihre literarischen Veröffentlichungen und ihre Essays verraten von den Themen, die ihr nahestanden und mit denen sie sich beschäftigt hat.

Buch über die Frauenliebe

Aufgrund der bruchstückhaften Quellenlage ist deshalb nach wie vor unbekannt, ob Eva Siewert sich auch in Form von Essays dem Thema Frauenliebe gewidmet hat. 1949 bittet sie brieflich Kurt Hiller, ein von ihr verfasstes Buchmanuskript über die „Gynäkophilie der Frau“ zu begutachten. Allerdings fällt Hillers Urteil sehr ungnädig aus.

Kurt Hiller stört sich unter anderem daran, dass Eva Siewert das Buch unter einem französischen Pseudonym erscheinen lassen will. Er findet diese Haltung „feminin“ und gesteht: „Ich hatte von Ihnen Amazoneskeres erwartet, liebe Penthesilea.“ Auch inhaltlich hat er viel an dem Manuskript auszusetzen. Er rät Eva Siewert: „Aber solch ein Buch dürfen Sie nicht schreiben ohne viel gründlichere wissenschaftliche Vorbereitung: durch Lektüre wichtiger Werke und durch Diskussionen mit Menschen von Kopf und Kenntnis.“

Mehr über die Freundschaft zwischen Eva Siewert und → Kurt Hiller

„Gynäkophilie der Frau“

Offenbar ist Eva Siewerts Monographie zur „Gynäkophilie der Frau“ nie erschienen. Das Manuskript ist unauffindbar.