Wenn eins zum anderen kommt
Es gibt diese berühmten Dachboden-Funde. Bei Eva Siewert war es ein Koffer, der in einem Trödelgeschäft auf seine Entdeckung wartete. Einmal geöffnet, gab er vieles preis, was bis dahin unbekannt war. Ein Schatz, der sorgsam bearbeitet sein wollte.
„Damals wurde uns klar, dass Bleiben Lebensgefahr bedeutete“
Anfang 2025 erschien das Buch „Damals wurde uns klar, dass Bleiben Lebensgefahr bedeutete“ von Raimund Wolfert, Oranna Dimmig und Claudia Schoppmann. Es dokumentiert die Liebesbeziehung zwischen der Journalistin Eva Siewert und der Büroangestellten Alice Carlé, die sich 1938 in Berlin kennengelernt hatten. Die als Jüdin verfolgte Alice Carlé tauchte im März 1943 in einem Berliner Außenbezirk unter. Eva Siewert, die in der NS-Zeit selbst als „Halbjüdin“ galt, musste zu dieser Zeit eine Haftstrafe nach dem „Heimtückegesetz“ im Frauengefängnis Barnimstraße verbüßen. Carlés Briefe an ihre inhaftierte Lebensgefährtin, die in dem Buch erstmals veröffentlicht werden, sind bewegende Zeugnisse der Verbundenheit der beiden Frauen.
In der frühen Nachkriegszeit hat Siewert den Verlust ihrer Partnerin, die im Spätsommer 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurde, in literarischen Texten verarbeitet. Diese meisterhaften Erzählungen fielen – obschon veröffentlicht – in den nächsten Jahrzehnten dem Vergessen anheim. Ergänzt werden sie durch bisher unbekannte berührende Gedichte aus Siewerts Nachlass, der Anfang 1995 zufällig in einem Berliner Trödelgeschäft gefunden wurde. Ein vollgepackter, namentlich nicht gekennzeichneter Koffer hielt neben zahlreichen Fotos, künstlerischen Arbeiten und Typoskripten auch handschriftliche Dokumente bereit. Dass die chiffrierten Briefe schließlich Alice Carlé zugeordnet werden konnten, geht nicht zuletzt auf diese Website „IN ERINNERUNG AN EVA SIEWERT“ zurück.
In weiteren Beiträgen in dem Buch „Damals wurde uns klar, dass Bleiben Lebensgefahr bedeutete“ geht es um die spannende Spurensuche, auf deren Grundlage die Lebensumstände von Alice Carlé und Eva Siewert zur Zeit des Nationalsozialismus erstmals ausführlich dargestellt werden können.
Bibliographische Angaben
Raimund Wolfert, Oranna Dimmig und Claudia Schoppmann (Hrsg.): Damals wurde uns klar, dass Bleiben Lebensgefahr bedeutete. Eva Siewert und Alice Carlé, eine Liebe während der Shoah (Schriften der Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Reihe B: Quellen und Zeugnisse, 14). Berlin: Lukas Verlag 2025.
Festeinband mit Schutzumschlag, 263 Seiten, 137 Abb., 121 S/W-Abbildungen und 16 Farbpastelle
ISBN 978-3-86732-477-9, 29,90 Euro, als E-Book: 24,00 Euro.
Das Buch kann über jede gute Buchhandlung bezogen oder direkt beim Lukas Verlag bestellt werden.